Erneuerbare Energien in Flensburg

Stand 2021, Quellen: Stadtwerke Flensburg1 2, Umweltbundesamt

Stromerzeugung vs. -Verbrauch in Schleswig-Holstein

Quelle: EKSH – „Energieforschung in Schleswig-Holstein“ S.23

Wie aus den Grafiken ersichtlich wird, liegt der Anteil fossiler Energien in der Stromerzeugung in Flensburg über 85 Prozent, während im Umland ein Überangebot an erneuerbarem Strom existiert. Die Küstenstadt ist quasi eine Insel der fossilen Energien in einem Meer von erneuerbaren und mit diesem Wert sogar das traurige Schlusslicht Schleswig-Holsteins.

Strommix (Produktion und -Vertrieb)

Diese Grafik zeigt den Strommix der Stadtwerke Flensburg auf Basis der gesetzlich vorgeschriebenen Veröffentlichung, der so genannten „Stromkennzeichnung“. Um ein Bild des tatsächlichen Strommixes zu erhalten, muss der Anteil der EEG-Umlage herausgerechnet werden1 – was seit 2020 auch der gesetzlichen Vorgabe entspricht.

Fernwärmemix

Der Energieträgermix des Flensburger Fernwärmenetzes basiert auf den jährlichen Veröffentlichungen gemäß §8 Abs. 3 EWKG2. "Ersatzbrennstoffe" ist ein Euphemismus für Müll: es handelt sich dabei vorwiegend um Pappe, Papier und Plastik, welche im Abfallwirtschaftszentrum aufbereitet werden und deren Verbrennung bis zu 60 % als klimaneutral gilt.

Das greenco2ncept-Ziel

Die Stadtwerke Flensburg haben sich bereits 2007 das Ziel gesetzt, bis 2050 CO2-neutral zu werden. Dabei stellen sie auch ihren eigenen Präsentationen zum Thema immer voran, dass es nicht reiche, irgendwann vor 2050 die Emissionen abrupt auf Null sinken zu lassen (Ziel 1), sondern diese auch bis dahin begrenzt werden müssen (sprich: einem Zielpfad folgen; Ziel 2). Es wird sich also an einem CO2-Budget orientiert, wie es die Klimawissenschaft auch tut.

Die jährlichen Gesamtemissionen liegen heute im Schnitt 100.000 Tonnen unter denen von 2007. Leider liegen sie immer noch deutlich über dem greenco2ncept-Zielpfad, wodurch bereits über 850.000 Tonnen zuviel CO2 emittiert wurden – was dem Gesamtbudget der Jahre 2041 bis 2050 entspricht. So wird es mit fortschreitender Zeit immer unwahrscheinlicher, das greenco2ncept-Ziel noch einzuhalten, wie aus dem nächsten Diagramm ersichtlich wird.

Emissionen mit Kessel 13

Nach der Inbetriebnahme des GuD-Kessel 12 (Leistung 75 MWₑₗ + 75 MWₜₕ) am 21.04.2016 wurden die beiden kohlebefeuerten Kessel 7 & 8 (zusammen 64 MWₑₗ + 125 MWₜₕ) stillgelegt. Die CO2-Emissionen sanken zwischen 2015 und 2017 um etwa 70.000 Tonnen.

Nach der für 2022 geplanten Inbetriebnahme von Kessel 13 (Leistung 89 MWₑₗ + 97 MWₜₕ) ist die Stilllegung der Kessel 9 & 10 (zusammen 69 MWₑₗ + 124 MWₜₕ) geplant. Dadurch sollen »jährlich bis zu 120.000 Tonnen CO2« eingespart werden – unter dieser Annahme würde sich bis zum Jahr 2030 folgendes Bild ergeben:

2007

Es zeigt sich, dass das greenco2ncept-Budget bei dieser Planung im Jahr 2030 nur noch bis Ende 2036 reichen wird. Um das Budget noch einzuhalten, müssten die Emissionen dann abrupt von mehreren Hunderttausend Tonnen auf Null sinken.

Klimaschädlichkeit von Erdgas

Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas und – über den Zeitraum von 100 Jahren betrachtet – ein 28 bis 33 mal stärkeres Treibhausgas als CO2. Über einen Zeitraum von 20 Jahren betrachtet ist es laut IPCC sogar 84 mal potenter als CO2.
Bei Abbau, Transport und Lagerung entweichen laut Aussage der IEA 1,7 % der weltweit geförderten Erdgasmenge in die Atmosphäre – der so genannte „Methanschlupf“. Diverse Studien kommen auf höhere Werte – besonders wenn das Erdgas per Fracking gewonnen wurde: dabei wird von einem Methanschlupf bis zu 5,8 % ausgegangen.
So steigt mit zunehmendem Einsatz von importiertem Erdgas der Effekt auf den Klimawandel, wie in der folgenden Grafik in CO2-Äquivalenten umgerechnet dargestellt3:

Wirtschaftliche Belastung durch CO2-Emissionen

Im EU Emissions Trading System (ETS) ist vorgeschrieben, dass Verursacher von CO2-Emissionen pro Tonne ein Zertifikat besitzen müssen (manchmal auch „European Union Allowance“, kurz: EUA genannt). Eine bestimmte, seit 2013 jährlich sinkende Menge dieser Emissionsrechte wird gratis vergeben (in der folgenden Grafik grün dargestellt). Der Rest (rot) muss erworben werden, bevor die Emissionen entstehen. Der Preis für EUAs hat sich seit Anfang 2018 vervielfacht:

Dementsprechend sind die Aufwendungen für Emissionsrechte in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen:

Trotz gestiegener Brennstoffpreise machen diese Ausgaben den größten Teil des Fernwärmepreises aus. Die jährliche Gewinnabführung an den kommunalen Haushalt musste 2021 ausgesetzt werden, und die Stadtwerke die größte Preiserhöhung der letzten 20 Jahre vornehmen. Es gäbe also kaum etwas wirtschaftlicheres, als die CO2-Emissionen zu verringern.

  1. Stromkennzeichnung Stadtwerke Flensburg

    2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021

    Der EEG-Anteil wird in unserer Darstellung des Strommixes ausgeblendet, denn er besitzt zur Ermittlung der tatsächlichen Nutzung erneuerbarer Energien keine Aussagekraft. Dieses begründet sich in der Zusammensetzung des Strompreises. Der Anteil der EEG-Umlage, der von der Kundschaft gezahlt und vom Energieversorger direkt an den Netzbetreiber weitergeleitet wird, wurde bis 2019 in der Stromkennzeichnung entsprechend dargestellt. Er betrug z.B. im Jahr 2019 (wie der Stromversorger Lichtblick schreibt) »bei vielen Versorgern fast 60 %, auch wenn die Versorger diesen Strom gar nicht kaufen oder an den Kunden verkaufen.« – . 

  2. Zusammensetzung Fernwärme

    Flensburg 2016 2017 2018 2019 2020 2021
    Tarp 2016 2017 2018 2019 2020 2021
    Langballig 2016 2017 2018 2019 2020 2021

  3. Annahmen Methanberechnung

    Erdgasanteil SWFL: 80 % ab 2023, davor 30 %, für 2016 20%
    Methangehalt: 90%
    Emissionsfaktoren Erdgas: 0,202 CO2/kWh | 2 kg CO2/m³ | 0,671 kg = 1 m³
    CO2-Äquivalente: Bezugszeitraum 100 Jahre: Faktor 30
    Bezugszeitraum 20 Jahre: Faktor 84